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You were something special

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8.

Angespannt folgte er der Form seines Sohnes mit den Augen und musste wiederholt schlucken, um den nötigen Mut, die nötige Kraft aufzubringen, dies hier auch wirklich durchziehen zu können. Es schien, als würde er sie niemals sammeln können, als wäre die Zeit beinahe dabei still zu stehen, während er inmitten der Luft stehen blieb und seinem Sohn dabei zusah, wie er in Zeitlupe höher und höher stieg. Einen Meter nach dem anderen, während es sich wie eine scheinbare Ewigkeit anfühlte, die er einfach nicht aufhalten konnte, die er nicht beschleunigen konnte und die ihm schlicht und einfach jeden erdenklichen Schmerz seines Lebens wiederbrachte, wenn er auf die leblose Form seiner Frau blickte.

Einen Schmerz, der sich vor so vielen Jahren in ihm eingenistet hatte, jede seiner Fasern, jede seiner Zellen eingenommen hatte, eine gewisse Dunkelheit, die er niemals ganz losgeworden war und die nur sie damals wieder in Schach bringen konnte.

Sie lange in Schach gehalten hatte, nur damit das klaffende Loch ihres Verlustes erneut in seiner Brust aufreißen und ein ersticktes Keuchen ernten konnte, so dass sich seine Hände erneut ballten und er sich über die Lippen leckte. Ihr nachblickte und dachte, dass er dies hier unter all den so aufmerksamen Blicken ihrer letzten verbliebenen Freunde einfach nicht machen konnte, während sich seine Augen trotz allem entschlossen verengten, als sein Sohn schließlich ebenfalls stehen blieb.

Einen gefühlten Kilometer über ihm und doch waren es wahrscheinlich nicht mehr als wenige Meter, die sie trennten, während sich ihre Blicke trafen und er nur wieder ihre Augen in denen seines Sohnes erkennen konnte. Eine ungeahnte Trauer und doch eine so wilde Entschlossenheit, die ihm immer selbst im Spiegel entgegenblickte und diese grausame Mischung ihres Kindes zu einem perfekten Zusammenspiel vereinte, zu einem der besten Dinge machte, die sein Leben jemals hervorgebracht hatte und ihm zur gleichen Zeit den Atem raubte.
 

Langsam und ohne es eigentlich bewusst wahrzunehmen oder gar planen zu können, hob er einen Arm und streckte ihn zu seiner Seite ab, nur um diese Bewegung mit dem zweiten Arm zu wiederholen und schließlich zu beginnen, Energie in seinem Körper zu sammeln. Es konnten nur Momente, kleine Augenblicke gewesen sein, die am Ende vergangen waren und sich in seinem Geist zu einer Ewigkeit verschmolzen, diesen Schritt um so vieles schwerer machten, als er ohnehin schon war und das Loch in seiner Brust nur vergrößerte, während sich seine Lippen öffneten und einen zittrigen Atemzug in seine Lungen zogen, ohne dass er auch nur im Ansatz den Blick von den Figuren dort oben nehmen konnte. Es ging einfach nicht, die Farbe der Blume in ihren Haaren war wie ein Mahnmal, eine Einladung und ein böses Omen zugleich, während die Blütenblätter im leichten Wind hin und her schwenkten und ein hypnotisierendes Bild erschufen.

Ihre weißen Haare, die sich in kleinen Strähnen aus der Perfektheit ihrer neu gemachten Frisur lösten und in diesen leisen Tanz mit einsteigen wollten, während ihre schlaffen Beine einfach nur nach unten hingen und ihm die unumstrittene Tatsache nur ein weiteres Mal vor Augen führten, die Schönheit betrogen und ihn zum schlucken brachten.

Ihre über ihrem Bauch gefalteten Hände, so sorgfältig in diesem weißen Laken eingewickelt, als ob sie der Welt zeigen wollte, dass sie selbst im Tod noch an die Reinheit glaubte und es gar nicht anders haben wollte, während ihre Augen ihm verborgen blieben. Verborgen hinter ihren geschlossenen Lidern, die sich von nun ab und nie wieder öffnen würden. Ihm das helle Blau ihrer Opale verwehrten, die sich sowieso in den letzten Wochen so sehr getrübt hatten, dass ihm die eindeutigen Zeichen nicht verborgen geblieben waren, nur um gleichzeitig diese dumme Hoffnung zu hegen, dass es noch nicht das Ende sein würde.

Eine Hoffnung, die nun gebrochen vor ihm schwebte.
 

Eine so vage und infantile Hoffnung, dass er sie im Nachhinein vielleicht belächeln würde, dass er seine eigene Dummheit belachen würde, wenn die Sache an sich nicht so verdammt ernst wäre und ihm wirklich drohte den letzten verbliebenen Verstand auszuschalten. Es war nicht möglich sich auf die Tat an sich zu konzentrieren, wenn sein Blick sich auf ihrem Gesicht festgebissen hatte, wenn er ihn einfach nicht lösen konnte und rein instinktiv tat, was er zu tun hatte und nicht mehr rückgängig machen konnte, was er nicht mehr aus dem Weg gehen konnte.

Für einen Moment musste er die Augen schließen, als die Energie sich weiter durch seinen gebeutelten, von Schlafmangel und anderen Dingen geschwächten Körper zog, nur um seine Sicht verschwimmen zu lassen. Für einen Augenblick konnte er das Bild vor ihnen nicht mehr ertragen und musste es ausblenden, musste sich wirklich darauf konzentrieren was er tat und was er tun musste, nur um sie wieder zu öffnen und seine Arme langsam nach vorne und zusammen zu führen.

Sekunden, Minuten... all das spielte mit dem ewigen Voranschreiten der Zeit wirklich keine Rolle mehr, all das wurde unwichtig im Vergleich zu dem, was er zu tun hatte. Es war nicht mehr wichtig was er dachte und was er vielleicht wollte, ob er es aufhalten wollte oder noch konnte, weil er es schlicht und einfach nicht über sein Herz bringen würde, ihren Wunsch zu boykottieren und nicht auszuführen. Egal wie schwer es in diesem einen Moment war die Energie zu sammeln und in seinem Körper zu halten, egal wie sehr sich die Blicke der Anwesenden in ihn bohrten und seine Entscheidung in Stücke zerfallen lassen wollten, er konnte es nicht zulassen.
 

Egal wie verdammt wenig gerade durch seinen Geist flog und lediglich der Schmerz übrig blieb, der sich so vehement seit Tagen durch seinen Körper zog und seine Seele vergiftete, so dass er kaum mehr in der Lage war auch nur diesen einen Gedanken zu Ende zu bringen, er tat es. Sammelte diese verfluchte Energie, die ihm mehr als einmal das Leben zur Hölle gemacht hatte und doch im Vergleich zu dem Jetzt und Hier wie ein fader Abklatsch eines Albtraums wirkte, der mit der Zeit an Intensität und Farbe verlor. Sammelte die Energie, die ihm genauso oft das Leben gerettet hatte und wohl erst der Punkt gewesen war, warum er überhaupt und in erster Linie auf diesem Planeten gelandet war - um sich zu messen.

Im Nachhinein war dieser Gedanke so überflüssig.

Hier und jetzt könnte er über sich selbst und seinen angekratzten Stolz nur noch lachen; könnte er über sich selbst und seine verfluchte Rache nur noch den Kopf schütteln, weil nichts unbedeutender wurde als das, wenn man das verlor, was einem am Wichtigsten war. Es war nicht mehr die Kraft, die Stärke, die er so beständig gesucht hatte und niemals wirklich gefunden hatte, nicht finden wollte. Es war nicht mehr die Ruhe und das Alleinsein, während er auf der Suche nach einer unbedeutenden Rache durch das All flog und versuchte das Unmögliche möglich zu machen und es war einfach nicht mehr nur sein Stolz, der ihm so eigen war.

Denn sie war sein Stolz.

Sie war der Grund, weshalb es ihn hier gehalten hatte, weshalb er am Ende immer und immer alles gegeben hatte, nur um doch nur am Rand zu stehen und von einem unbeteiligten Zuschauer zumindest zu einer Art Helfer zu werden.
 

Langsam schüttelte er den Kopf und öffnete die Augen wieder, von welchen er gar nicht gespürt hatte, dass er sie geschlossen hatte. Langsam öffnete er sie wieder und sah die Lichtblitze, die begonnen hatten um ihn herum zu zucken und ihm andeuteten, dass es genug Energie war, dass er sich und seinen Körper nicht weiter quälen musste, während er den Blick von seinen ausgestreckten Händen wieder nach oben zu seinem Sohn richtete.

Nur eine Sekunde, ein kleiner Blick, bevor er die Zähne zusammenbiss und in genau die entgegen gesetzte Richtung blickte. Nach unten zu seiner Prinzessin, die noch immer mit Tränen in den Augen die Zähne in gleicher Manier zusammen biss, weil sie verhindern wollte, dass außerhalb geschlossener Räume ein Schluchzen ihre Kehle verlassen würde.

Beinahe hätte er anhand der Ähnlichkeit zu ihm gelächelt, noch während es ihm wieder im Hals stecken blieb und etwas ganz anderes entdeckte. Diese unverwechselbare, unheimliche Ähnlichkeit zu ihrer Mutter, die selbst so oft ihre Hände über ihrer Brust gefaltet hatte, nur um ihn mit diesem einen bestimmten Blick anzusehen, den er bis heute noch nicht ganz entschlüsseln konnte. Sie sah ihn an, mit diesem unergründlichen Blick, in dem soviel Schmerz und Trauer lag und doch... doch war dort dieser Hauch von Stolz und erhabenem Wissen, weil sie wusste, dass es nicht anders ging, weil sie wusste, dass er es tun musste.

Dass er keine andere Wahl hatte, als es durchzuziehen und dabei genauso viel Schmerz in sich tragen musste, wie sie. Und sie wusste all diese Dinge, weshalb sich ein leichtes, kaum sichtbares Lächeln auf ihre Lippen legte, das ihm beinahe augenblicklich die Tränen in die Augen trieb, während er sich nur noch auf die Unterlippe beißen konnte. Es war egal, wer es sehen würde, es war einfach nur noch egal wie viele Augen diese eine unmissverständliche Wahrheit erkennen würden, weil er es weder aufhalten wollte, noch in der Lage dazu gewesen wäre.
 

Ein Blick in ihre Augen reichte, um seinen Blick verschwimmen zu lassen.

Es war so schwer dem Schmerz stand zu halten, der ihr Anblick in ihm auslöste und gemischt mit dem ohnehin bestehenden Schmerz es beinahe unmöglich für ihn machte sich nicht augenblicklich wieder abzuwenden und sich kraftlos zu Boden sinken zu lassen, weil ihn jegliche Stärke verlassen hatte. Jeglicher Wille es durchzustehen und jegliche Vernunft aus seinen Adern gesogen wurde, so dass er die Attacke, die eigentlich für ihren Wunsch bestimmt gewesen war, am liebsten auf die Erde an sich abgefeuert hätte.

Und doch sah er ihr weiterhin in die strahlend blauen Augen, wartete.

Wartete diese endlos langen Sekunden, die sich in die Endlosigkeit zogen und einfach nicht weichen wollten, während die Tränen auch in ihren Augen schimmerten und sie wässrig, unwirklich erscheinen ließen. Wartete auf diese eine letzte Zustimmung, die so lange auf sich warten ließ, dass ihm nichts weiter übrig blieb als den Körper zu verkrampfen und abermals schwer zu schlucken, weil sich in seinem Hals diese unendliche Wüste ausgebreitet hatte, die einfach nicht mehr weichen wollte. Weil sein Körper zusammen mit seinem Verstand um all das protestierte, was er im Stande war zu tun und ihm doch keine andere Wahl blieb, als zu warten.

Erst dann, nach diesen endlosen Sekunden, legte sich erneut dieses leichte Lächeln auf ihre Lippen, nickte sie diese minimale Bewegung, die er wirklich nur entdecken konnte, weil er sie so gut kannte. Weil er den Blick nicht hatte von ihr nehmen können, bevor er auch ihr okay mit einbezogen hatte und abermals einen tiefen und so verdammt zittrigen Atemzug zu nehmen, der nicht einmal zur Hälfte in seinen Lungen ankam und den letzten Rest klarer Gedanken davon spülte.

Als wäre er niemals dort gewesen.
 

~~~***~~~

Sie hatte Recht behalten, konnte ich mir im Nachhinein nur denken.

In meinem endlosen Wahn zu versuchen stärker zu werden, hatte ich die Grenzen meines Körpers doch irgendwann übersehen, in meinem Zeitdruck die Grenze endlich zu sprengen und diesen einen verdammten Schritt weiter zu kommen, hatte ich die Tragweite meiner eigenen Kraft unterschätzt und den GR irgendwann schlicht und einfach in die Luft gesprengt. Als wäre er nichts weiter als eine Ansammlung nutzlosen Metalls und keine bahnbrechende Erfindung auf diesem Planeten hatte ich versucht alles aus ihm und vor allem aus mir heraus zu holen, nur um am Ende doch auf meine ganz eigene Weise zu scheitern.

Wie es passiert war, konnte ich im Nachhinein nicht einmal mehr sagen.

Ich weiß nur noch, dass sie meine kleine Erfindung wirklich gut umgesetzt hatte und die kleinen Kampfdrohnen mir erheblich weiterhalfen, mir aber auch genauso viel abverlangten wie ich es selbst tat, nur um irgendwann zu merken, dass ich mir vielleicht doch ein wenig zuviel zugemutet hatte. Nicht, dass ich das jemals zugeben würde, ich hatte es ja selbst noch mit dem letzten Atemzug abgestritten, den ich getan hatte, als ich in Ohnmacht gefallen war, aber ich wusste zur gleichen Zeit, dass sie es gesehen hatte.

Dass sie es die ganze Zeit über gewusst hatte und doch wahrscheinlich nicht weiter drängen wollte, weil sie wusste wie verdammt stur ich sein konnte. Sie hatte es gewusst, dass ich es wusste und ich musste ihr wirklich zugute halten, dass ihr Genie wenigstens zu einem gut war... es mir nicht unter die Nase zu reiben.
 

Am Ende wusste ich wirklich nicht mehr, wie oft und wie lange sie auf mich einzureden versucht hatte, dass ich es langsamer angehen sollte und ich wusste zur gleichen Zeit wirklich nicht, wieso sie mir laufend damit in den Ohren lag und mir dennoch den Ersatz-GR aushändigte, als wäre niemals wirklich etwas geschehen. Ich wusste damals wirklich nicht, wieso sich ihre Worte so von ihren Taten unterschieden und konnte es mir doch denken, weil ich beizeiten wirklich nicht anders war.

Ich stieß sie von mir, nur um sie heimlich zu beobachten.

Ich hatte ihr so oft schon gesagt, dass sie mich in Ruhe lassen sollte, dass sie mir mit ihrem Geschwafel endlos auf den Keks ging und vielleicht war das ja auch wirklich so, nur um sie am Ende doch ständig in meiner Nähe zu dulden. Sie auf meine ganz eigene Art und Weise zu akzeptieren und auch wenn ich ihre Worte nicht hören wollte, so mochte ich es sie zu beobachten, all ihre kleinen und großen Reaktionen in mich aufzunehmen und zu verarbeiten, um mir zu merken, welche meiner eigenen Worte was hervorgerufen hatten. Ich mochte ihr Aussehen, auch wenn ihre Stimme mir wirklich auf den Sack ging und ihre Argumente eine Überholung gebrauchen konnten, aber ich war ehrlich mit mir selbst... ich war wirklich auch nur ein Mann.

Ich wusste, was hier von Statten ging, auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte.

Aber wenn man bereits mehr als nur die Grundlagen kannte, so war es schwer zu übersehen, was sich vor deiner eigenen Nase abspielte, selbst wenn ich permanent versuchte es zu ignorieren und von mir zu schieben. Es war nicht so, dass ich jemals das Wort Liebe in den Mund nehmen würde und ich war mir zu diesem Zeitpunkt auch mehr als nur klar darüber, dass es sich keineswegs um eines dieser Gefühle handeln konnte, sondern lediglich eine Art körperliche Anziehung war, der ich mich versuchte zu entziehen und die ich doch immer und immer wieder spürte.

Die ich so nicht haben wollte, weil sie mich ablenkte.
 

Es war unmöglich es zu ignorieren, wenn sie einem so nahe war, wenn sie einem förmlich nur Zentimeter entfernt gegenüber stand und ihren Standort auch nicht aufgeben wollte. Wenn sie dich mit diesem entschlossenen Blick betrachtete und das leise wütende Funkeln in ihren Augen nichts weiter bewirkte, als meine eigene Neugier nur noch weiter zu schüren.

Eine gewisse Neugier danach, wie weit sie wirklich gehen würde, wie tief dieser Drang wirklich in ihr verankert war, mir nahe zu sein. Was sie alles in Kauf nehmen würde, sollte ich doch eines Tages auf die Erkenntnis gelangen, dass ich mich nicht mehr von ihr fernhalten konnte und es war diese gewisse Neugier, die mich hier und heute in ihr Labor gebracht hatte, nur um wirklich hier zu stehen und sie mit meinem typischen und beinahe obligatorischen Grinsen zu betrachten. Sie hatte Mut, das hatte sie mehr als einmal bewiesen; sie hatte wahrscheinlich als eine einzelne Person mehr davon als die gesamte Menschheit in dieser bescheidenen Stadt zusammengenommen.
 

"Sag das noch mal.", hatte sie verlangt und dabei betrog ihr Blick ein weiteres Mal ihre Frage, ihren Ton, der wirklich nicht dazu passen wollte. Als wolle sie mich nur herausfordern und mir dabei noch einen halben Schritt näher kommen, als sie es ohnehin schon war, weil wir uns sowieso gegenüberstanden.

"Ich will, dass du mir neue Drohnen baust. Bessere. Widerstandsfähigere. Oder hat dein Planet keine Rohstoffe zu bieten, die dir das gewährleisten? Nein, besser noch, hat dein Genie dich endlich verlassen?" Und ich wusste genau, wie viel sie auf ihren eigenen IQ und ihre Erfindungen hielt, es war der eine wunde Punkt, den ich immer wieder treffen konnte.

"Ich hab dich schon verstanden!" In ihre Augen trat wieder dieser wütende Funke, der die ganz Zeit schon in ihnen gestanden hatte, seitdem ich sie bei der Arbeit gestört und meinen 'Wunsch' geäußert hatte. Es war eher in der Tonlage eines Befehls aus meinem Mund getreten, weil ich ganz genau wusste, dass sie diese Art mit ihr zu reden wirklich hasste.

"Dann frag doch nicht so blöd nach!", setzte ich dem an und wunderte mich ein weiteres Mal, wieso es mir eigentlich soviel Spaß machte sie damit zu ärgern, sie damit aufzuziehen und wieso ich es so sehr genoss, sie auf die Palme zu treiben. Vielleicht, weil sie eine der wenigen Personen war, die keine Angst vor mir hatte, die mich ebenso ärgern und auf die Palme treiben konnte, ohne dabei abwertend zu sein und immer noch einen gewissen... Abstand zu wahren, Respekt zu hegen, den ich so lange schon vermisst hatte. Sie hatte ihre ganz eigene Art mit mir umzugehen und stand damit im krassen Gegenzug zu meiner Vergangenheit, in der ich oftmals nicht mehr als ein Fußabtreter gewesen war, jemand, dem man keinen Respekt zollen musste, weil all das, was mich einst ausmachte, mit der Zerstörung meines Planeten untergegangen war.

So oder so ähnlich hatte es Freezer einmal ausgedrückt.
 

"Vielleicht sollte der Herr mal überdenken, wie er Wünsche äußert!", schoss sie wütend funkelnd zurück und starrte mich erbost an, nur damit mein Grinsen noch ein wenig weiter wachsen konnte. Mal ehrlich, selbst wenn sie jetzt auf mich losgehen und einschlagen würde, würden die Schläge mich wahrscheinlich nicht einmal kitzeln.

"Weil es kein Wunsch war, Onna, sondern ein verfluchter Befehl!" Amüsierend, wie wir mit jedem Wort lauter wurden und ich dabei doch nichts als reine und unverfälschte Freude zu empfinden konnte. Darüber, dass es sich wirklich so verdammt normal anfühlte, wie ich es wohl noch nie in meinem Leben empfunden hatte, weil nichts darin wirklich normal gewesen ist.

"Und ich nicht dein Untergebener bin und damit auch deine beschissenen Befehle nicht befolgen muss!" Sie verengte ihre Augen und wischte sich ein wenig zu wirsch eine Strähne hinter das Ohr, nur damit eben jene sofort wieder hervor springen konnte und ihr ein genervtes Geräusch entlockte. Ich zog minimal eine Augenbraue nach oben und musste wirklich verhindern aufzulachen, meine Maske aufrecht zu erhalten und mich nicht preiszugeben.

"Was aber eindeutig besser für dich wäre!" Wenn das hier jemand sehen würde, würde er nur die Augen verdrehen oder schnellstmöglich das Weite suchen, so aber waren wir alleine und ich kam nicht umhin, mich prächtig zu amüsieren.

"Nenn mir einen verfluchten Grund, warum das so sein sollte? Wenn du mich umbringen willst, bitte, bei unserem Glück sterben wir sowieso alle in etwas über einem Jahr!" Und ihr Mund schloss sich mit einem überdimensional lautem Geräusch, während ihre Zähne bei dieser Aktion zusammenstießen und sie mich mit einem plötzlich erstaunten, ja beinahe geschockten Blick anstarrte. Ich starrte zurück und noch als die Amüsiertheit mit einem einzigen Atemzug aus mir herausgesogen wurde, wurde sie durch etwas ganz anderes ersetzt und ich verengte meine Augen, weil ich nicht wahrhaben wollte, was sie da erzählte.

Soviel zum Thema Respekt, diese verfluchte...
 

Sie hielt mich also nicht fähig genug um ihnen zu helfen, sie hielt mich für zu schwach, nicht stark genug um gegen diesen noch unbekannten Gegner anzutreten und vielleicht doch zu gewinnen. Sie machte sich einen Scheiß aus meinen Bemühungen und trat mir mit dieser dummen Bemerkung ja doch nur hochkant in den Arsch, so dass ich das Knurren nicht aufhalten konnte, dass sich in meiner Brust formte und genauso laut in der so plötzlich entstandenen Stille vibrierte. Sie machte einen halben Schritt von mir weg, aber in ihren Augen stand noch immer nicht die Angst, die sie in diesem verfluchten Moment vielleicht empfinden sollte, nein, stattdessen stand da nur der Unglaube über ihre eigenen Worte.

"Ich... Vegeta, es..." Automatisch ballten sich eigentlich viel zu spät meine Hände an meinen Seiten zu Fäusten und verengten sich meine Augen nur noch mehr. Sie sollte die Klappe halten, einfach nur still sein und ich meine eigene Entscheidung vielleicht noch einmal überdenken! Vielleicht sollte ich es von Vornherein lassen und diesen beschissenen Planeten in die Luft jagen, so dass diese neue und unbekannte Bedrohung gar nicht erst auf sie zukommen konnte! Vielleicht sollte ich noch einmal überdenken, was ich die ganze Zeit von ihr gehalten hatte.

"Spar's dir!", spie ich ihr entgegen und bewirkte damit nur einen weiteren Schritt, den sie vor mir zurückwich und mich anstarrte. Und in ihren Augen stand, was ich eigentlich nicht sehen wollte, was sich mit ihren Worten nicht in Einklang bringen ließ und mich dazu verleitete, meine Energie zur Warnung zu heben, weil ich es nicht einsehen wollte.

"Bau einfach diese verfluchten Scheißdinger und wag es nicht noch ein einziges Mal, so mit mir zu reden!" Und meine Aura erschien um mich herum, ließ ihre Papier und andere kleine Teile durch den erzeugten Windstoß davon wehen, nur damit ich sie schlucken sehen konnte. Aber ich hasste es! Ich hasste es, wenn mir jemand sagte, dass ich nicht stark genug war und würde nur zu gerne ein Exempel statuieren, nur um mich am Ende doch einfach nur umzudrehen und zu gehen.
 

Wütend zu gehen, weil sie es gewagt hatte diese Dinge zu benennen, vor denen ich immer Angst hatte. Wütend, gar richtig sauer durch die Flure zu wandern, weil sie es wagte meine Meinung über sie in Scherben zerfallen zu lassen, während sie sich doch gerade erst begann aufzubauen.

Mir unter die Nase zu reiben, was mich mein ganzes Leben lang schon begleitete.

Ich konnte ja nicht wissen, dass sie es nicht deswegen so gesagt hatte, dass sie sich lediglich in den Worten geirrt hatte, in der Art, wie sie es ausgesprochen hatte und selbst der Hintergrund ein anderer war. Ich konnte nicht ahnen, dass sie es eher aus Sorge um mich gesagt hatte und nur den falschen Weg gewählt hatte, sich auszudrücken.

Und ich konnte nicht ahnen, dass sie es sich so sehr zu Herzen genommen hatte, dass ich am nächsten Tag bereits drei dieser kleinen Drohnen in meinem GR liegen hatte, als ich ihn betrat.

~~~***~~~
 

Langsam und mit Bedacht wandte er sich von seiner Tochter ab und schluckte ein weiteres Mal, während er den Blick wieder nach vorne und oben richtete, seine Augen für einen Sekundenbruchteil schloss und dann wieder öffnete, nur um seinem Sohn wortlos zu verstehen zu geben, dass es nicht mehr lange dauern würde. Dass er sich selbst nur noch einmal sammeln musste, während all seine Muskeln protestierend aufschrieen und auch sein Geist der ganzen Idee nur schlechtes abgewinnen konnte.

Aber es war zu spät, wie so oft schon in seinem Leben.

Zu spät um die Zeit zu verdrehen und rückgängig zu machen, zu spät um gesagte Worte und Versprechen wieder zu brechen. Einfach nur zu spät, um etwas an den Tatsachen zu ändern und je mehr diese Erkenntnis in seinen Verstand sickerte, desto schwerer wurde es, die Energie auch wirklich zu halten, die sich langsam aber sicher an seinen Händen manifestierte.

Es schien so endlos lang, dieser Moment schien sich so lang zu ziehen, dass sein Verstand einfach nicht mehr hinterher kommen wollte und konnte, so dass ihm nichts anderes übrig blieb, als es ein weiteres Mal zu akzeptieren. Es hinzunehmen und seinen Sohn endlich mit festem Blick zu fixieren, die Zähne zusammen zu beißen und zu nicken.
 

Worte waren nicht mehr nötig, er war sich nicht einmal sicher, ob er nach diesem heutigen Tag wirklich noch einen Wert auf ihre Existenz legte. Er war sich nicht sicher, ob er jemals wieder eines von ihnen in den Mund nehmen würde, weil sie mit ihrem Tod an Bedeutung verloren hatten. Weil er sie nicht mehr dafür verwenden konnte sich mit ihr über Belanglosigkeiten zu streiten und noch während sein Sohn zögerlich zurück nickte und einen letzten Blick in das sterbende Gesicht seiner Mutter warf, lächelte Vegeta.

Lächelte eines jener Lächeln, die immer nur sie bekommen hatte.

Erst dann lockerte Trunks langsam seinen Griff und er hatte kaum genug Zeit die Tatsache an sich zu verarbeiten, bevor ihr lebloser Körper auch schon zu Boden fiel und dabei doch wie in Zeitlupe zu schweben schien, während sich die Muskeln in seinen Wangen, in seinen Armen bis zum Bersten anspannten und er die Augen wieder schloss.

Sie schloss und die Energie in seinen Händen endlich losließ, sie freiließ und hoffte, dass sein Zittern den Schuss nicht verrissen hatte, während er nichts weiter tun konnte als zu warten und dabei unbewusst die Luft anzuhalten. Sich immer wieder zu sagen, dass es ihr Wunsch gewesen war, so brutal und unwirklich er am Ende aussehen mochte.

Und erst, als das unmissverständliche Geräusch eines Treffers ertönte, als er das leise Schluchzen seiner Tochter im Hintergrund wahrnehmen konnte, ebenso wie das schmerzliche und ungläubige Keuchen einiger anderer Anwesender, blieb ihm das Herz stehen und für einen Augenblick wusste er nicht, ob er sich weiterhin in der Luft halten konnte oder nicht, ob er es jemals wieder schaffen würde die Augen zu öffnen und das Ergebnis dessen anzuschauen, was er gerade getan hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SaiyajinVeturi
2015-01-13T17:04:47+00:00 13.01.2015 18:04
Gott das ist sooo herzzerreißend!!!
Ich bin stolz auf mich das ich es geschafft hab mal nicht zu weinen bei einem Kapi von dieser FF...
Danke für diese schöne und auch außergewöhnliche FF von dir!!!
LG Veturi...bin gespannt auf den nächsten Teil!


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