Losing Control von abgemeldet (Was, wenn plötzlich alles außer Kontrolle gerät) ================================================================================ Kapitel 26: Weakness -------------------- Also, hiermit beginnt also der zweite Teil meiner FF. (Übrigens: Dem 200. Kommischreiber schenk ich wieder eine Wunschepisode ^^) Die Leute, die von mir das Anrecht auf eine Wunschepisode bekommen haben, sollen sich bitte bei mir melden ^^ Mir ist übrigens ein kleiner Fehler beim Hochladen passiert, weswegen das 22. Kapitel erst später hinzugekommen ist. Deswegen sind beim Lesen einige Fragen aufgetreten. Bitte lest "My Soul", dann wird alles klar, hoff ich ^^". Anmerkung: Der Kai in der Seele und der normale Kai sind nicht komplett derselbe (Seele und Bewusstsein sind ja auch nicht dasselbe, oder?) Deswegen weiß Kai nicht, was die anderen genau in seiner Seele gesehen haben... So: Die kursiven Stellen innerhalb des normalen Textes sind ab jetzt Dranzers Kommentare *Dranzer-Fähnchen schwenk* ^^ Die kursiven Abschnitte die abgesondert sind, ist der Text von "Wherever" von Vanilla Ninja ^^ _______________________________________________________________________________ „Wie geht es ihm?“ Ray schloss leise die Tür hinter sich und antwortete dann: „Er ist immer noch nicht aufgewacht…“ Tyson, Max und der Rest der ehemaligen Bladebreakers seufzten. Es war nun schon vier Tage her, dass Kai zu ihnen zurückgekehrt war und seit fast genauso langer Zeit schlief er nun schon in Tysons Zimmer. Sie hatten einen Arzt gerufen, doch der hatte nur Kais Verletzungen behandeln und ihnen sagen können, dass ihr Freund vollkommen erschöpft war. Er hatte ihnen die Anweisung gegeben Kai einfach schlafen zu lassen und ihn, wenn er erwachte, unbedingt zum Essen zu bewegen. Und seitdem warteten sie… Kai schlug die Augen auf und starrte in die Dunkelheit. Wo war er? Er blinzelte mehrmals bis sich seine Augen halbwegs an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, dann versuchte er den Kopf zu drehen um sich zu orientieren. Mit einem schmerzhaften Keuchen gab er den Versuch sofort auf. Hinter seiner Stirn schien ein Sturm zu toben, der drohte seinen Schädel bei jeder unvorsichtigen Bewegung einfach zu sprengen. Zugleich hatte er auch gar nicht die Kraft irgendeinen Muskel zu rühren. Kai versuchte eine Hand zu heben, irgendetwas zu tun, doch sein Körper protestierte gegen jede Beanspruchung mit einem scharfen, reißenden Schmerz und bewegte sich nicht. Er forderte endlich die Ruhe ein, die Kai ihm so lange versagt hatte. ‚Wo bin ich?’, fragte sich Kai. ‚In Tysons Zimmer.’ ‚Dranzer?’, plötzlich fiel Kai wieder alles ein, was in der letzten Zeit passiert war. ‚Ich bin so froh, dass du wieder da bist. Ich habe dich vermisst…’, der Junge spürte, wie etwas Feuchtes über seine Wangen rann. Tränen. ‚Ich dich auch, mein kleiner Kai. Bitte verzeih mir. Ich habe mein Versprechen gebrochen und dich allein gelassen. Es tut mir Leid…’ Kais Gedanken waren voller Wärme und Flehen: ‚Bitte lass mich nie mehr allein.’ ‚Niemals mehr.’ Kai spürte, wie sich weiche Federn an seinen Geist drückten und mächtige Schwingen sein Bewusstsein umhüllten, um es wieder hinab in den Schlaf zu ziehen, den sein Körper so dringend benötigte. Der Junge ließ es geschehen, war froh, dass ihm anscheinend noch eine Ruhezeit gegönnt wurde, bevor er sich wieder mit dem Rest der Welt stellen musste. Doch eine laute Stimme zerschnitt die Stille und wischte den Schlaf fort: „Verdammt! Warum setzt ihr euch immer noch für ihn ein? Er hat euch eure Bitbeasts gestohlen und euch wie Dreck behandelt! Und trotzdem helft ihr ihm! Warum?“ ‚Michael’, erkannte Kai. Er war also auch hier. Dann befanden sich die anderen Teams vermutlich auch im Dojo… Eine zweite Stimme, die eindeutig Lee gehörte, bestätigte diese Vermutung: „Michael hat Recht! Warum bringt ihr ihn nicht einfach in ein Krankenhaus und fertig? Da wird er auch versorgt und wir müssen nicht länger seine Anwesenheit ertragen!“ Kai wusste nicht warum, doch irgendetwas zog sich bei den Worten der Beiden in ihm zusammen. Etwas was schmerzte. Nicht brennend, wie sein überanspruchter Körper, sondern eisig kalt und schneidend. Er konnte ein Murmeln hören, glaubte die Worte „Seid leiser oder er wacht auf…“ zu hören, war sich aber nicht sicher. „ Leiser? Warum? Der wacht eh nicht auf… Nicht solange er euch damit Probleme bereiten kann! Und dass er sich verändert haben soll, glaub ich auch nicht! So ein paar Krokodilstränen machen noch keine Veränderung aus!“, Michaels Stimme war voller Hohn und Hass. Ein weiteres Murmeln war zu hören. Dieses Mal glaubte Kai Tysons Stimme zu erkennen. Emily war es dieses Mal, die ihm antwortete. Sie brüllte zwar nicht herum, gab sich aber auch keine Mühe sonderlich leise zu sein: „Tyson. Menschen ändern sich nicht. Kai ist vom Charakter her nun einmal ein Opportunist und Egoist. Vermutlich sind alle in seiner Familie so gewesen, es liegt ihm also in den Genen.“ Erneutes Murmeln, lauter dieses Mal, doch immer noch unverständlich. Emily fuhr unbeeindruckt mit ihren Erläuterungen fort:„Es gibt zahlreiche Statistiken über die Möglichkeit seinen Charakter zu ändern und die meisten beweisen, dass man es nicht kann. Charakter hängt wie ich schon eben erklärt habe, von den Genen ab. Das Umfeld spielt natürlich auch eine Rolle, aber das war bei Kai ja auch nicht gerade das Beste.“ Eine andere, harsche Stimme mischte sich ein: Tala. Überrascht stellte Kai fest, dass der Russe sich alle Mühe gab leise zu sprechen, obwohl er anscheinend wütend war. „Nein, ich will damit nicht sagen, dass du, Bryan und Spencer damit auch solche Idioten wie er seid. Bei euch liegt die Sache ganz anders. Warum? Nun ja…“, Emily kam ins Stocken. Nach ein paar Sekunden fing sie sich wieder: „Das ist letztendlich egal. Fakt ist, dass Kai sich nicht ändern wird!“ Protestierendes Gemurmel. „Verdammt! Wie könnt ihr bloß so dumm und stur sein? Wie lange wollt ihr ihn denn noch verteidigen? Es ist ja gut und schön, dass ihr die barmherzigen Samariter spielen und anderen Menschen helfen wollt, doch bei diesem Mistkerl ist doch Hopfen und Malz verloren! Gebt ihm eine weitere Chance und er wird euch ein weiteres Mal verraten!“, brüllte Johnny aufgebracht. Ein scharfer Kommentar von Robert brachte ihn dazu, seine Stimme wieder etwas zu senken: „Außerdem ist Kai es eh nicht wert… Charakterlich ein Schwein, physisch ein Wrack und wie es psychisch aussieht, will ich lieber gar nicht wissen… Es bringt euch nichts, ihm zu helfen, seht es endlich ein!“ Mehrere Stimmen begannen gleichzeitig lautstark zu protestieren, doch die Stimme von Tysons Großvater übertönte sie, bevor der Streit noch schlimmer werden konnte: „Ich finde, ihr solltet jetzt alle ins Bett gehen! Es ist schon spät! Und was Kai angeht, habe immer noch ich das letzte Wort, schließlich gehört dieses Haus mir! Und ich sage, der Junge kann bleiben, solange er will! Und jetzt ab ins Bett mit euch und wehe ich höre noch einen Mucks!“ Vereinzeltes Murren war zu hören, dann wurde es still… ‚Ich bringe echt nur Probleme… Egal ob für mich oder für andere…’, dachte Kai und ein bitteres Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Kai… ‚Dranzer? Ich möchte dich um einen Gefallen bitten…’ Was hast du vor, Kai? ‚Bitte!’, flehte der Junge. Der Phönix fing einen von Kais Gedanken ab und erriet sein Vorhaben: Kai! ‚Es ist meine Entscheidung, Dranzer!’, Kai versuchte stark zu wirken, entschlossen, furchtlos, doch in seinem Inneren zog sich alles zusammen. Aber es war besser so… ‚Bitte leih mir deine Energie.’ Und Dranzer gab nach… Tyson lag in der Dunkelheit des Dojos und knüllte wütend seine Decke zwischen seinen Fingern. Wie konnten die Anderen nur so gemein zu Kai sein? Warum hassten sie ihn so? Ob er ihnen von Kais Seele erzählen sollte? Aber irgendwie erschien ihm das nicht richtig. Es war Kais Seele und dass er ihnen einen Blick in sein Innerstes gewährt hatte, war seine Entscheidung gewesen, ein Vertrauensbeweis. Sie hatten kein Recht über das zu sprechen, was sie dort gesehen hatten. Aber wie sollten sie den Anderen dann klarmachen, dass Kai ganz anders war als sie glaubten? „Ich kann echt nicht verstehen, wie man so naiv und gutgläubig sein kann und Kai eine weitere Chance gibt…“, hörte er plötzlich Johnnys Stimme von der gegenüberliegenden Seite des Dojos. Offensichtlich hatte er sich entschlossen noch ein bisschen zu stänkern. „Kai verdient noch eine Chance!“, hörte Tyson Max antworten. „Ach ja?“, fragte Johnny hitzig. „Woher wollt ihr das wissen? Und mit welchem Recht entscheidet ihr überhaupt für uns alle, dass wir ihm noch eine Chance geben müssen?“ „Ihr solltet lieber aufhören zu streiten und versuchen zu schlafen“, versuchte Ray den sich anbahnenden Streit zu schlichten. Doch auch in seiner Stimme schwang unterdrückte Wut mit. „Das ist wieder mal typisch!“, höhnte Michael von irgendwoher aus dem Dunkeln. „Ihr findet keine Antwort, also blockt ihr ab! Elende Feiglinge!“ „Wir sind keine Feiglinge!“, protestierte Daichi lautstark. „Wir haben Kais Seele gesehen, schon vergessen? Also wissen wir, wie es in ihm aussieht und wie es um ihn steht!“, schaltete sich letztendlich auch Tyson ein. „Kais Seele? Hat der überhaupt so etwas?“, spottete Lee. „Lee!“, rief Ray erbost. „Warum macht ihr das eigentlich? Als Kai tot war, konntet ihr ihm alle verzeihen, aber nun…?“, fragte Tyson wütend. „Muss Kai erst sterben, damit ihr ihm vergeben könnt?“ Michael wusste nicht was er antworten sollte. Er erinnerte sich an seinen misslungenen Versuch sich zu entschuldigen. Damals war er tatsächlich dazu bereit gewesen, Kai zu verzeihen. Warum also nicht jetzt? War ihm der Preis, den Kai zahlte nicht hoch genug? Wollte er ihn unbedingt tot sehen? Auch die anderen waren jetzt still. Eine Weile schwiegen sich alle an, dann war plötzlich Roberts Stimme zu vernehmen: „Ich denke wir sollten einen Kompromiss finden. Wer Kai noch eine Chance gibt, kann das tun. Wer es nicht machen will, lässt es. Und wer lieber abwarten will, ob Kai beginnt sich zu ändern, der beobachtet halt alles und hält sich mit jedem Kommentar zurück. Dann wissen wir alle, woran wir sind und können einander aus dem Weg gehen… Und dieser dämliche Streit wird dann auch beendet. Also, wer gibt Kai eine weitere Chance?“ „Ich!“, antworteten Tyson, Max, Ray, Daichi, Hillary und Kenny wie aus einem Mund. Robert grinste in die Dunkelheit: „Das war mir klar… Wie steht es mit den anderen?“ Getuschel war aus allen Ecken des Dojo zu vernehmen, als die einzelnen Teams sich berieten. Die F Dynasty meldeten sich zuerst. „Wir werden abwarten, auch wenn ich persönlich nicht damit einverstanden bin“, sagte Julia und warf Romero einen bösen Blick zu, „Zufrieden, Trainer?“ Die Barthez Battalion diskutierten immer noch aufgeregt. „Wir sollten uns von Kai fernhalten. Er hat unsere Bitbeasts gestohlen!“, argumentierte Mathilda und umklammerte Pierce Hedgehog mit einer Hand. Claude stimmte zu: „Und uns kann auch niemand etwas vorwerfen, schließlich kennen wir ihn kaum… Wir waren also nie Freunde und brauchen uns demzufolge auch keine Mühe geben, ihm noch eine Chance zu geben.“ Aaron nickte. „Aber jetzt denkt doch mal nach, Leute. Wir waren auch mal die Bösen. Wir haben beim Beybladen betrogen und absolut unfair gespielt. Aber als wir dann die Kurve gekriegt haben, haben uns alle freundlich behandelt und uns eine zweite Chance gegeben. Bei Kai ist das nicht anders. Sind wir also nicht geradezu dazu verpflichtet, ihm eine Chance zu geben und uns so zu bedanken?“, fragte Miguel ernst. Die anderen Teammitglieder schwiegen. „Also schön“, flüsterte Mathilda schließlich. „Aber sobald er Mist baut, war’s das, klar?“ Miguel lächelte sie an: „Danke.“ Mathilda wurde leicht rot. „Wir geben Kai noch eine Chance!“, rief sie zu Robert hinüber um von ihrer Verlegenheit abzulenken. Der nickte und wandte den Blick dann zu der Ecke, in der er die Blitzkrieg Boys vermutete: „Tala? Was ist mit euch?“ „Ist das nicht klar?“, war die gelangweilte Antwort des Russen. „Eine weitere Chance für Kai.“ Hinter ihm war ein Murren zu hören, dass Tala mit einem scharfen, russischen Wort sofort zum Verstummen brachte. Robert seufzte. Ob Teamentscheidungen auf Russisch immer so aussahen? „Wir geben Kai einstimmig keine Chance!“, schallte es von den PPB Allstarz herüber. Die White Tiger X ließen sich ebenfalls vernehmen: „Wir auch nicht!“ Max und Ray sahen traurig zu Boden. „Ich gebe ihm ebenfalls keine Chance!“, sagte Johnny. „Das gilt auch für mich“, murmelte Oliver leise und sah zu Boden. „Für mich auch“, nickte Enrique. Ein Zwitschern ertönte von der Seite her: „Für mich auch. Soll Kai doch bleiben, wo der Pfeffer wächst.“ „Ming Ming“, ertönte Garlands wütende Stimme. „Es ist meine Entscheidung!“, beharrte das Mädchen stur auf seiner Entscheidung. Garland seufzte: „Brooklyn und ich sind für Kai, Ming Ming gegen ihn und die anderen beiden wollen abwarten.“ Robert nickte. „Und was ist mit dir?“, fragte Johnny. Robert wusste, dass im Moment vermutlich alle Anwesenden in seine Richtung blickten. Er war sich der Tatsache bewusst, dass er sich mit seiner Entscheidung gegen sein Team stellte, doch das würde er schon durchstehen: „Ich gebe Kai noch eine Chance.“ Enrique und Oliver ließen ein ungläubiges Keuchen hören, Johnny dagegen knirschte mit den Zähnen, schien sich erst auf ihn stürzen zu wollen, beherrschte sich dann aber und drehte ihm den Rücken zu. Robert gab sich alle Mühe es nicht zu beachten, aber die Reaktion seines Teams versetzte ihm einen Stich ins Herz und kurz zweifelte er an seiner Entscheidung. Doch es war zu spät. „Wenn das also jetzt geklärt ist, schlage ich vor, dass wie schlafen gehen.“ Es war eine kalte Herbstnacht. Kein Mond stand am Himmel und die Sterne wurden durch schnell über den Himmel treibende Wolkenfetzen verdeckt. Ein unangenehm kühler Wind fuhr durch die kahlen Bäume und ließ ihre Äste knarren und Knacken. Bald schon fand er ein neues Opfer und zerzauste die Haare eines Jungen, der einsam durch die leeren Straßen stapfte. Kai fröstelte, doch er versuchte nicht, sich vor den Windböen zu verstecken. Dranzers Energie sorgte dafür, dass er sich problemlos bewegen konnte, doch er wusste, dass dieser Effekt nicht allzu lange anhalten würde. Doch es würde reichen, bis er sein Ziel erreicht hatte. Tief in seinem Inneren krallte sich Angst um sein Herz wie eine eisige Hand, brachte es dazu schneller zu schlagen und sich schmerzhaft in seiner Brust bemerkbar zu machen. Aber Kai wusste, dass es so besser war. Er bereitete allen immer nur Probleme. Er zerstörte alles, was anderen etwas bedeutete. Er war nicht fähig, dass für andere zu sein, was sie in ihm sahen. Er würde die Leute, die seine Familie sein wollte, obwohl er so große Fehler gemacht hatte, wieder verraten. Es würde ihn verletzen, wie jedes Mal, und trotzdem würde er es wieder machen. So war er nun einmal. Das war sein Charakter. Er würde sich niemals ändern. Und deshalb würde er nun gehen. Oder waren das alles nur Ausflüchte, um eine feige Flucht zu begründen? ~~~+~~~ Wherever you may hide The flashing light of evil you can’t fight And they will hurt you Hurt you ‘most every night ~~~+~~~ Aber selbst wenn er zurückgehen würde, sich alle Mühe geben würde, sich zu ändern… Würde man das akzeptieren? Nein. Zu vieles war geschehen, dass er niemals mehr würde rückgängig machen können. Dieses Mal waren es zu viele Fehler gewesen. Er hatte den Bogen überspannt. Endgültig. Man würde ihm nicht verzeihen. Und selbst wenn die Anderen es doch irgendwie schaffen würden… Er könnte es nicht… Niemals. ~~~+~~~ Whatever you may try The shadows of your crimes they won’t go by Nightmares will haunt your mind And you will find They’ll never die ~~~+~~~ Deswegen gab es nur diesen einen Weg für ihn. Er konnte nicht weglaufen, in der Hoffnung, dass die Anderen ihn niemals finden und vergessen würden, denn solange er um seine Verbrechen wusste, würde er niemals Frieden finden. Er hatte sich selbst betrogen, hatte sich all die Jahre vorgemacht, dass er stark war. Dass er die Kontrolle über sich und seine Umwelt hatte. Lügen… Er hatte sich immer wieder selbst belogen. Hatte sich vorgemacht, dass sein Großvater ihn lieben könnte, dass er eine Chance hatte. Doch stattdessen war er nur weiter in einen Abgrund gestürzt, aus dem es kein Entrinnen gab. Jede Hand, die sich ihm helfend entgegengestreckt hatte, hatte er weg geschlagen. Er hatte geglaubt, es alleine schaffen zu können. All diese Fehler würden ihm nichts ausmachen, wenn er nur sich selbst ins Unglück gestürzt hätte, doch er hatte auch andere verletzt… Andere, die ihm nur hatten helfen wollen. Er wusste, dass er sich vermutlich niemals bei ihnen entschuldigen würde. Dafür war sein Stolz – sein Schutz, sein Schild, sein Fluch, sein Gefängnis – einfach zu groß. Also blieb ihm nur die Möglichkeit, ihnen einen Gefallen zu tun und endlich aus ihrem Leben zu verschwinden. ~~~+~~~ Wherever you may go there’s no escape The memories in your soul you can’t reshape Wherever you’re livin There’s no forgivin Cos you’re guilty of deceit ~~~+~~~ Kalte Gischt spritzte ihm ins Gesicht und bestätigte ihm, dass er sein Ziel erreicht hatte: Das Meer… Eine dunkle Masse aus Wasser, die selbst ohne Licht eher dunkelgrau als schwarz aussah. Aufgewühlt von den Küstenwinden und den wilden Strömungen, die in der Nacht herrschten. Eisigkalt, in der Farbe harten Stahls und doch weich und einladend in seiner ständigen Bewegung. Die Schaumkronen tanzten hell auf den sich ewig verändernden Wellen und schienen ihn zu rufen. Eine fremde, völlig unbekannte Welt, von blassen Nebeln überhangen, die ihm Rettung versprach, Erlösung, Verderben und Stille. Ewige Stille… Kai trat bis an den Rand des Betonstegs, der weit in das Wasser hinaus ragte. Normalerweise ging er nie weiter als einen Meter ans Meer heran, wenn er es beobachtete, doch dieses Mal war er nicht zum Nachdenken und in die Ferne starren gekommen. Er hatte anderes vor. Die See tobte und gurgelte unter seinen Füßen, warf sich gegen den Beton und schien nach seinen Füßen zu greifen. Sie schien zu wissen, dass sie bald ein Opfer erhalten würde und hieß es willkommen. Gischt spritzte hoch und benetzte Kais Wangen und Lippen. Kühle, salzige Tropfen, die wie Tränen über die blasse Haut liefen. Ein trauriges Lächeln umspielte die Mundwinkel des Jungen. Er hatte gelernt zu weinen… Es linderte den Schmerz, doch hatte er das wirklich verdient? Hatte er es nicht eher verdient für das, was er getan hatte, noch mehr zu leiden? Waren diese Tränen überhaupt echt oder nichts als Lüge? Durfte jemand weinen, der nur Hass und Schmerz kannte? Durften andere um so jemanden weinen? ~~~+~~~ Whatever you may do there’s no release The pain deep down inside will never cease You’re even lying When you’re crying Cos your heart is filled with hate – ~~~+~~~ Aber nun war es egal… Kais Blick wanderte über die dunkle See, die verlockend nach ihm zu rufen schien. Nur noch ein Schritt trennte ihn von der Ewigkeit. Ein Schritt… ~~~+~~~ Wherever you will be you’ll meet your fate ~~~+~~~ „Glaubst du wirklich, dass das der richtige Weg ist, Kai?” Der Junge musste sich nicht umdrehen um zu wissen, wer hinter ihm stand: „Bist du hier um mich aufzuhalten, Hiro?“ Tysons Bruder kam ein paar Schritte näher, doch nicht nah genug um Kai zu erwischen, wenn dieser wirklich den letzten Schritt machen würde: „Ich bin mir nicht sicher… Es ist deine Entscheidung, ob du dein Leben beenden willst oder nicht… Aber ehrlich gesagt ist es nicht das, was ich von dir erwartet habe…“ Kai starrte aufs Meer: „Was hast du denn erwartet?“ „Das du nicht aufgibst. Das du kämpfst. Das du allen beweist, dass du stark bist und dich der neuen Herausforderung stellst. Das du all das bist, wofür du berühmt und berüchtigt bist.“ Kai drehte sich bei diesen letzten Worten, die in seinen Ohren wie blanker Hohn klangen, um, doch entgegen seiner Erwartung lächelte Hiro nicht, sondern blickte ihn ernst an. „Du weißt, dass ich nicht der bin, für den mich alle halten…“, flüsterte Kai und drehte sich wieder zur See. „Nein. Der bist du nicht…“, stimmte Hiro ihm zu. “Du bist schwächer, verletzlicher, ängstlicher… Aber auch stärker und nobler… Du bist mehr, als alle anderen denken. Du solltest ihnen eine Chance geben, es zu entdecken. Und du solltest dir eine Chance geben, entdeckt zu werden. Aber das ist nur meine Meinung… Es ist deine Sache, wie du dich entscheidest.“ Kai konnte Dranzer am Rande seines Bewusstseins fühlen, doch der Phönix schwieg, überließ ihm die Entscheidung, genau wie Hiro es auch tat. Kai war frei, wenigstens einmal in seinem Leben. Er konnte entscheiden, brauchte sich nach niemandem zu richten… Nur nach sich selbst. Nach seinem Gewissen und seinen Wünschen. Was sollte er also tun? ~~~+~~~ Whenever you feel free You’ll find out that you’ve got no chance to flee Remember only The lonely Know what you’ve done ~~~+~~~ Egal was er tat, es würde die Hölle werden… Aber die Hölle kannte er schon zu genüge, schließlich trug er sie in sich. Das Meer schien ihn zu rufen, die hohen Wellen tränkten seine Kleidung mit eisigem Salzwasser… Oder wollten sie ihn wegstoßen, zurück aufs Land? Zurück ins Leben? Aber selbst wenn er sich ändern könnte, würde das seine Seele nicht heilen können. Oder doch? Und seine Fehler konnte er auch nicht einfach so ausmerzen… Aber vielleicht wieder gutmachen? Aber es war so viel einfacher sich einfach dem Meer zu übergeben. Sich nie mehr falsche Hoffnungen machen. Nie mehr verletzt werden. Schwach sein, einmal in seinem Leben… Das letzte Mal in seinem Leben… ~~~+~~~ Whatever you may say You know you’ll never wash your sins away You will forever Bear those brandings You are the one ~~~+~~~ “Ich habe mich entschieden”, sagte Kai und machte den alles entscheidenden Schritt… _______________________________________________________________________________ Sorry, aber ich konnte mir diesen fiesen Cliffhänger nicht verkneifen... Aber ich beeil mich mit dem nächsten Chap, versprochen. Wunschepisodenbesitzer, bitte melden!!! ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)